Architekten-Meinungen
„Suedtirol ist Super“
Karl Hinterwaldner reportierte in der ff-Zeitschrift vom 19. April über ein Interwiew mit Hotelplaner Hugo Demetz über die Verbauung der Seiser Alm, sein Projekt Mezdì, die Südtiroler Raumordnung und den Ausverkauf der Heimat. Anbei den kompletten Artikel.
ff: Sie planen gemeinsam mit den St. Ulricher Hoteliersbrüdern Sanoner ein Hoteldorf auf der Seiser Alm. Warum ein Dorf und kein klassisches Hotel anstelle der Ruine des Hotels Mezdi?
Hugo Demetz: Zunächst einmal: Es darf gebaut werden. Und zwar in dieser Dimension. Dies ist in den Landesgesetzen klar vorgesehen. Andreas und Klaus Sanoner haben die Ruine deswegen von der Genueser Firma „Italiana Resicence“ gekauft. Es handelt sich also nicht um einen Ausverkauf der Heimat, sondern um einen Rückkauf der Heimat.
ff: Zurück zur Frage: Warum nicht ein einziger Baukörper?
Demetz: Unser Konzept sieht eine in sich geschlossene Hotelanlage vor. Sie besteht aus einem Hauptbauköper, der sehr stark in den Hang eingegraben ist. Darum gruppieren sich 13 Chalets, in denen jeweils zwei Zimmer drinnen sind.
ff: Zimmer oder Wohnungen?
Demetz: Suiten, also Zimmer. Es wird ja ein Fünf-Sterne-Hotel und soll sich in der Reihe der Adler-Hotels ganz an der Spitze einreihen. Sowohl im Niveau als auch im Preis. Aber zur ursprünglichen Frage: Wir wollten keinen Koloss in die Landschaft setzen, der mehr als doppelt so groß wäre wie der jetzige Baukörper. Landschaftlich ist unsere Lösung sehr viel besser eingebettet als ein Monobau es wäre. Das zweite Argument dafür ist, dass man eine Almidentität schaffen will. Es soll ein Ganzjahresbetrieb werden. Daher muss auch in der schwachen Saison, wo es neblig ist, wo es regnet, geborgene Atmosphäre aufkommen. Die wäre mit einem einzigen Baukörper nur schwer erzielbar gewesen.
ff: Sie sagen: Paläste sind out?
Demetz: Ja. Das war einmal. Früher wollten die Gäste in Palästen wohnen, deswegen sind diese kitschigen Häuser im Tiroler Stil entstanden. Aber die sind nicht mehr sehr gefragt, gar einiges davon schaut heute schon peinlich aus. Heute suchen die Gäste die Nähe zur Natur. Das schlägt sich auch in der Architektur nieder. Unser Projekt auf der Seiser Alm ist ein Paradebeispiel dafür.
ff: Es wäre ein Almdorf mit Siedlungscharakter im Landschaftsschutzgebiet. Darf das denn sein?
Demetz: Stimmt. Die ganze Seiser Alm ist unter Landschaftsschutz. Und das ist gut so. Aber in unserem Fall handelt es sich um die Erweiterung eines bestehenden Betriebes. Das ist rechtlich so vorgesehen. Natürlich gibt es auch die, die sagen, reißen wir die alte Bude ab und machen eine Wiese daraus. Aber das ist nicht realistisch. Denn dann hätten die Sanoners eine teure Wiese gekauft. Wie dem auch sei: Wir haben uns mit dem Projekt die größte Mühe gegeben, um zu einem harmonischen Resultat zu kommen.
ff: Inwiefern?
Demetz: Wir sprechen uns mit den Nachbarn ab, welches ihre Wünsche sind; daneben wird die Piste verbessert. Das Seiser-Alm-Konzept, das den Verkehr reduzieren soll, wird von uns voll mitgetragen. Wir verzichten auf eine eigene Tiefgarage. Die Gäste werden in Compatsch parken und mit dem Shuttle zu uns kommen. Aber natürlich wird es trotzdem immer Gegenstimmen geben. Die, die ihre Hütte auf der Alm vor einigen Jahren ausgebaut haben, sind die, die am lautesten schreien.
ff: Sie meinen Edgar Moroder, der in ff 13/07 einen flammenden Gastkommentar gegen die weitere
Verbauung der Alm geschrieben hat?
Demetz: Edgar Moroder besitzt in der Tat eine Hütte auf der Alm.
ff: Aber er macht kein Geheimnis daraus. Und beklagt sich im Gegenteil darüber, dass die Hüttenbesitzer keine Schindel anrühren dürfen, während die Hotels großzügig erweitern.
Demetz: Das ist das übliche Missverständnis. Der Bürger meint, ein Hotel sei eine Art größeres Wohnhaus. Das stimmt aber nicht. Hotels sind Betriebe, die laufend erneuert und ausgebaut werden müssen. Sonst gehen sie ein. Beispiele dafür gibt es genug.
ff: Edgar Moroder schreibt auch, dass ein „solches Hotelensemble architektonisch durchaus interessant“ sein könnte – aber nicht auf der Alm, sondern im Tal unten…
Demetz: Unserer Meinung nach ist unser Konzept genau das richtige, um in der Höhe gebaut zu werden. Wir gehen weg von großen Baukörpern hin zu kleinen Hütten. Das Endresultat wird eine sehr harmonische Geschichte sein, passend zur Alm.
ff: Andere sehen darin den Startschuss zur Urbanisierung der Alm.
Demetz: Das sind Schlagwörter, die losgelassen werden, die aber nicht zutreffen. Denn es wird ja nichts Neues gebaut. Es sind diese paar Hotels, die oben sind, und die werden qualitativ erweitert. Einige haben das schon gemacht, andere wollen das jetzt tun.
ff: Wie etwa der Almgasthof Dialer, den ein findiger Bauunternehmer abreißen und zu einem riesigen Hotelkomplex auf Compatsch verwandeln will?
Demetz: Auch hier bewegt sich alles im rechtlichen Rahmen. Der Dialer kommt von der inneren Alm heraus nach Compatsch, wo ohnehin eine dörfliche Situation herrscht. Dort kann man nur mehr die Flucht nach vorn antreten. Die Feuerwehrhalle steht schon, eine Kirche ist geplant. Compatsch wird ein Dorf. Die Alm fängt erst dahinter an.
ff: Sie haben auch die Anlage Post Alpina in Vierschach geplant. Dort hat man ebenso wie auf der Seiser Alm befürchtet, dass einzelne Häuschen verkauft werden. Dies ist jetzt entgegen ursprünglicher Beteuerungen eingetreten. Warum soll es auf der Alm anders sein?
Demetz: In Vierschach ist alles viel größer, die Chalets sind enger gruppiert. Dass da etwas verkauft wird, damit bin ich nicht einverstanden. Aber auf der Alm wird das nicht passieren, denn die Brüder Sanoner haben es nicht nötig, etwas zu verkaufen. Sie lassen das sogar im Grundbuch festschreiben. Außerdem sind laut unserem Konzept die Chalets unterirdisch mit dem Hauptgebäude verbunden, das in seiner Dimensionierung und Erschließung auf die Gesamtanlage ausgerichtet ist. Dadurch wird die Veräußerung einzelner Teile praktisch unmöglich.
ff: Sie sprachen vom Tiroler Stil. Wie würden Sie Ihren Stil bezeichnen?
Demetz: Ich habe mich sehr früh auf den Hotelbau spezialisiert, zuerst 17 Jahre lang in Paris, jetzt seit zehn Jahren hier. Das ist eine komplexe Materie, wo sich Architektur und betrieblicher Erfolg oft gegenüber stehen. Ich bemühe mich, auf die Qualität der Architektur zu schauen und gleichzeitig auf die Funktionalität des Betriebes zu achten. Dazu zählt auch die Identität mit der Landschaft und der Kultur des Ortes. Das ist mein Stil in der Hotelarchitektur.
ff: Muss die Raumordnung in Südtirol strenger werden?
Demetz: Mah. Auswüchse gibt es überall, auch in der Raumordnung. Wenn man zum Beispiel von oben auf das Brixner Gewerbegebiet schaut, sieht man katastrophale Dinge: Diese neuen Hallen, ob Brimi oder Obi, das sind gewaltige, diskutable Eingriffe…
ff: Also muss es strenger werden?
Demetz: Nein. Ich finde Südtirol super. Vor allem wenn man es mit anderen Regionen in Europa vergleicht, stehen wir – auch in der Raumordnung – sehr gut da. Aber natürlich: Man kann immer Dinge kritisieren.
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E-Mail Schreiben an die Bürgerinitiative Proseiseralm – Juli 2007
Danke für diese wichtige Initiative!
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Andreas Gottlieb Hempel
Prof. Dipl.- Ing. Architekt & Publizist